Appell an die deutschen Koalitionsverhandler
Die Frage, ob wir in Zukunft noch frei und selbstbestimmt leben können, wird im digitalen Raum entschieden. Das gilt für Deutschland wie für Europa. Die gegenwärtige Abhängigkeit von amerikanischer und chinesischer Digitaltechnologie bedroht die Souveränität Deutschlands. In der neuen geopolitischen Lage ist das endgültig klar geworden. Verwaltung, Wirtschaft und Privatpersonen sind von Technologien und Akteuren abhängig, die sich nicht geltendem Recht fügen und von Unternehmen und Regierungen außerhalb Europas beherrscht werden. Die digitale Abhängigkeit Deutschlands ist ein enormes Sicherheitsrisiko und behindert die wirtschaftliche ebenso wie die technologische Entwicklung. Sie untergräbt die Demokratie, die ohne eine rechtsstaatliche Digitalisierung nicht möglich ist. Digitalisierung ist nicht irgendein Politikfeld. Sie ist die Grundlage aller Politikfelder und die Allzwecktechnologie des 21 Jahrhunderts. Sie muss daher im Fokus der Politik der neuen Bundesregierung stehen.
Das Council for European Public Space fordert daher die künftige Bundesregierung auf, die geplanten Investitionen in digitale Infrastruktur konsequent zu verwenden, um die Abhängigkeit Deutschlands bei Hardware, Software und digitalen Services zu verringern. Investitionen, die die gegenwärtige Abhängigkeit verstärken, schwächen Deutschland und damit Europa.
Die digitale Abhängigkeit ermöglicht ein nie dagewesenes Ausmaß von Fehlinformationen, Manipulation der Meinungsbildung und Polarisierung der Öffentlichkeit. Der freien Presse werden Werbeeinnahmen entzogen, die Demokratie dadurch ausgehöhlt.
Das CfEPS fordert daher eine digitale Infrastruktur für Information und Kommunikation, die Zugang zu vertrauenswürdigen Informationen sowie datenschutzkonformen und rechtssicheren Kommunikationsräumen ermöglicht. Es müssen aktiv öffentliche Räume geschaffen werden, die verlässliche Information und freie Meinungsbildung ermöglichen. Dazu muss die neue Bundesregierung eng mit europäischen Institutionen zusammenarbeiten. Denn die Souveränität Deutschlands lässt sich im digitalen Zeitalter nur in einem geeinten Europa sichern.
Ein Element muss eine dezentrale Streaming Plattform für vertrauenswürdige Nachrichten [1] sein, wie sie derzeit für Europa vorbereitet wird. Durch Einsatz von digitalen Technologien lassen sich Nachrichten und politische Informationen der Medien Europas auf einer öffentlich eingerichteten und verantworteten Plattform allen Europäer in ihrer jeweiligen Landessprache zugänglich machen. Es geht darum, professionellen Journalismus zu stärken, damit die Bürger an verlässliche Informationen und unabhängige Beiträge zur Meinungsbildung kommen. Nur auf Basis verlässlicher Informationen können die Bürger freie und selbstbestimmte Entscheidungen treffen. Und nur durch eine souveräne digitale Infrastruktur hat die freie Presse in Europa eine Chance, zu überleben. Die Demokratie muss in Zeiten der hybriden Kriegsführung endlich auch im Informationssektor wehrhaft werden. Daher unser Appell an die künftige Bundesregierung:
Stellen Sie sicher, dass die Mittel für digitale Infrastruktur gezielt in den Aufbau eines souveränen Euro Stack [2] investiert werden, der aus europäischer Hardware, Software und digitalen Services besteht.
Unterstützen Sie den Aufbau eines nachhaltigen digitalen Ökosystems für Information und Kommunikation. Deutschland und Europa brauchen eigene Social-Media-, Microblogging- und Medienangebote, die den Bürgern geprüfte Informationen und unabhängig erstellte Beiträge zur Meinungsbildung zur Verfügung stellen.
Unterstützen Sie den Aufbau einer europäischen Nachrichtenplattform, die den Bürgern Zugang zu grenzüberschreitenden Informationen ermöglicht, wie dies in Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtscharta garantiert ist.
Die Verteidigung von Freiheit und Demokratie finden heute vor allem in der digitalen Öffentlichkeit statt. Wir müssen Sie zurückerobern, damit wir morgen noch unsere Zukunft selbst bestimmen können.
[1] siehe dazu das Konzeptpapier „Delphi“ des CfEPS https://europeanpublicspace.eu/wp-content/uploads/2025/03/DELPHI-Media-Platform-2025.pdf sowie die Machbarkeitsstudie der STOA des Europäischen Parlaments https://www.europarl.europa.eu/stoa/en/document/EPRS_STU(2023)740249
[2] siehe: https://euro-stack.info

Der Beirat des Council for European Public Space
Christoph Becker, Stellvertretender Vorsitzender des ZDF-Fernsehrates, Programmbeirat von ARTE GEIE, Mitglied des Vorstandes des Hamburg Music Business e.V.
Francesca Bria, Fellow Stiftung Mercator, Professorin am Institute for Innovation and Public Purpose, UCL London
Nicola Frank, ehemalige Leiterin der Abteilung für institutionelle und internationale Beziehungen und Leiterin der Abteilung für europäische Angelegenheiten bei der Europäischen Rundfunkunion (EBU)
Minna Horowitz, Dozentin an der Universität von Helsinki, Mitglied des EU-EDMO Hub NORDIS
Eva King, Arbeiterkammer Vorarlberg, Stakeholder Engagement & Strategieberatung
Paul Nemitz, ehem. Hauptberater der Europäischen Kommission für Strategien des digitalen Wandels
Jan-Hendrik Passoth, Professor für Techniksoziologie, Direktor der European New School of Digital Studies
Jean-Paul Philippot, Intendant RTBF
Matthias Pfeffer, Direktor Council for European Public Space
Georg Rehm, Principal Researcher und Research Fellow am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI)
Maria João Rodrigues, Präsidentin FEPS (Foundation for European Progressive Studies), Re-Imagine Europa, Brüssel
Krisztina Rozgonyi, Austrian Institute for Technology, Österreichische Akademie der Wissenschaften
Helga Trüpel, Vorsitzende der Europa-Union Bremen, ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments
Jakob von Weizsäcker, Minister für Finanzen und Wissenschaft des Saarlandes
André Wilkens, Direktor der Europäischen Kulturstiftung Amsterdam
Kontakt
Der Council for European Public Space ist eine steuerrechtlich anerkannte gemeinnützige Einrichtung mit Sitz in Berlin, die sich für eine demokratische digitale Öffentlichkeit in Europa einsetzt.(https://europeanpublicspace.eu)
Kontaktiere uns
- Matthias Pfeffer, Founding and Managing Director (matthias@europeanpublicspace.eu)
- Michael-Bernhard Zita, Research, Projects & Networks Manager (michael@europeanpublicspace.eu)
Berlin, 20.03.2025